Entwicklung der Straße

Aus dem Weg in die Ohe (ein alter Begriff für Flussniederung oder Aue), der früher bis an den Leinebogen hinter dem heutigen Schützenplatz führte und seit dem 17. Jahrhundert bestand, entwickelte sich die „Ohestraße“. 

Im 19. Jahrhundert wurden die Wiesen und Weiden zunehmend bebaut. Firmen siedelten sich an, es entstanden Mietshäuser und das jüdische Gemeinde- und Bildungszentrum. Die Flussufer boten auch Möglichkeiten für Sport und Erholung. Die Stadtkarte von 1916 bietet einen Überblick über die sehr vielfältige Bebauung und Nutzung entlang der Ohestraße. Beispiele für Gebäude und Nutzungen sind:

Die 1863 gegründete Holzhandlung ist ein Beispiel für die Industrialisierung entlang der Ihme, die nur bis hierher schiffbar war. Nach Kriegszerstörung und Wiederaufbau musste der Betrieb den Plänen für das Berufsschulzentrum weichen und wurde nach 1972 abgerissen.

An der Ihme lagen mehrere Badeplätze. Das ehemalige Schrader’sche Bad verpflichtete sich, drei Holzbrücken, die das „Luftbaden“ auf dem gegenüberliegenden Flussufer ermöglichten, in jedem Jahr auf- und abzubauen.

Das Haus, ursprünglich als Gartenhaus entstanden, diente ab 1863 als Gaststätte, ab 1921 als Jugendheim und wurde später von der Hitlerjugend genutzt.

In der Ohestraße 8 (1892, abgerissen 1971) befand sich ein jüdisches Gemeindezentrum mit einer Bildungsanstalt für jüdische Lehrer. In der Ohestraße 9 (Architekt Heinrich Tessenow, 1914, abgerissen 1971) hatte der Verein zur Förderung des Gartenbau- und Handfertigkeitsunterrichts in der jüdischen Volksschule einen Israelitischen Kindergarten und -hort eingerichtet. (Vgl. Beitrag „Jüdisches Leben“)

Diese mehrgeschossigen Wohnhäuser mit Mietwohnungen (um 1894, abgerissen 1971) mit prächtigem Fassadenschmuck und geschmückten Zwerchgiebeln besaßen zur Hofseite Hintergebäude und gaben diesem Stück der Straße einen städtischen Charakter.

In den 1930er Jahren wurden an der Ihme, in der Ihmeniederung und der Leinemasch grundlegende Veränderungen vorgenommen. Der Maschsee wurde zwar nicht unter nationalsozialistischer Herrschaft geplant, aber beim Bau und Eröffnung 1936 für deren Propaganda genutzt. Der Flusslauf der Ihme wurde begradigt und auf der neu entstandenen Fläche der Schützenplatz angelegt. Damals führte der Bau einer neuen breiten Straße, dem Vorläufer der heutigen Lavesallee, zur Abtrennung des südlichen Teils der Ohestraße.

Die nationalsozialistischen Machthaber planten in den 1930er Jahren eine monumentale Neugestaltung der Stadt mit gewaltigen Straßenachsen – ohne Rücksicht auf die historische Stadt – und mit dem Bau von riesigen Gebäudekomplexen. Im Bereich der Ohestraße waren „Parteiforum“ am Maschsee sowie Aufmarschflächen geplant und zwischen heutiger Gustav-Bratke-Allee, Lavesallee und Ihme sollte ein sogenanntes „Regierungsforum“ von enormem Ausmaß entstehen. Die Stadt hatte bereits begonnen, Grundstücke für die geplante Umgestaltung zu kaufen. Die Planungen wurden nicht umgesetzt.

Der Krieg hinterließ massive Zerstörungen in der Ohestraße. Die Gewerbebetriebe nahe der Ihmebrücke, einige Wohnhäuser und die südlich gelegenen Bauten wie Bella Vista und das Schützenhaus waren zerstört.

Die Gewerbebetriebe wurden zunächst wieder aufgebaut, aber die Stadt plante in dem Dreieck zwischen neu angelegter Gustav-Bratke-Allee, Lavesallee und Ihme ein Berufsschulzentrum, für das alle bestehenden Gebäude abgerissen wurden. Seitdem endet die Ohestraße hier als Sackgasse. Die 1952 bis 1961 errichteten Gebäude für das Berufsschulzentrum haben eine hohe architektonische Qualität und stehen heute unter Denkmalschutz.

Der Bereich nördlich des Berufsschulzentrums wurde nicht für weitere Schulbauten genutzt. Die Stadt Hannover hat seit 2014 hier ein Wohngebiet insbesondere für Baugruppen entwickelt. Seit 2021 sind die entstandenen Ohe-Höfe bewohnt.